Hinweise

Quellen

aus: Lauckhard, Fritz: Auswandererbriefe aus Texas 1848/1849. In: Volk und Scholle. Heimatblätter für beide Hessen, Nassau u. Framkfurt am Main. Verbandszeitschrift des Hessischen Verkehrsverbandes. Jg. 9, Nr. 4, 1931. S. 95-101.

Neubraunfels, d. 2. Febr. 1849
Lieber Vater und Geschwister!

Ich finde soeben Gelegenheit durch Herrn Zentner (ein Mitglied des Darmstädter Vereins) einige Zeilen an Sie ergehen zu lassen. Meine beiden Briefe vom vorigen Jahr werden Sie wohl erhalten haben? Ich hatte Ihnen darin meinen Austritt aus der Darmst. Gesellschaft sowie meine Vorhaben nach den Vereinigten Nordamerik. Staaten zu reisen mitgeteilt. Was das letztere anbetrifft, so habe ich mein Vorhaben geändert und bin jetzt gesonnen noch einige Jahre hier zu verweilen bis sich die Unruhen in Deutschland gelegt, wo ich dann wieder zu Euch zurückkehren will. Ich habe jetzt angefangen mir etwas Land einzufensen, welche ich theilweise schon habe umbrechen lassen, so daß ich dieses Jahr schon 8 Morgen mit Welschkorn bepflanzen kann und will die Zeit über, welche ich mich hier noch aufhalten muß, mich mit Oeconomie beschäftigen. Das Getreide hat hier noch Werth, der Buschel Mais (52 Pfund) kostet jetzt 1 Dollar und ich kann, wenn die Erndte einigermaßen geräth, 150 Buschel einerndten. Das Einfensen und Umbrechen eines Stück Landes ist hier mit großen Unkosten verbunden, der Acker umzubrechen kostet 5 bis 6 Dol. und Feste um 10 Acker wenigstens 100 Dol. Ein Tagelöhner bekommt täglich 75 Ct (1fl. 52 x r). Sie können sich nach diesem wohl vorstellen, daß es hier nicht so leicht ist eine große Strecke Land in Kultur zu setzen. Das rohe Land ist sehr billig. Man kauft es in größeren Parzellen noch um 1 bis 3 Dol. den Acker, nur in der Nähe der hiesigen Stadt steht es 5 bis 10 Dol. pr. Acker. Meine 10 Acker kosten mich 60 Dol. Dieses Jahr ist noch hart für mich. Fernerhin, hoffe ich, soll ich ein angenehmeres Leben haben (das heißt keine so schweren Arbeiten mehr zu thun brauchen). Dann braue ich nebenbei Esssig und habe einen ziemlichen Absatz; pr. Flasche 15 x r. Vor 2 Jahren kostete hier die Flasche noch 30 bis 37 x r. Nun, wie ist es Ihnen denn seit meiner Abreise ergangen? Doch wohl gut? Und Sie, lieber Vater, erfreuen sich wohl noch einer guten Gesundheit? es ist dieses immer mein sehnlichster Wunsch gewesen sie noch so rüstig wieder zu sehen, wie ich Sie verlassen habe. Durch meinen unbestimmten Aufenthalt seither konnte ich keine Briefe von Ihnen erwarten, doch jetzt hoffe ich werden Sie mich bald mit vielen Neuigkeiten erfeuen. Nach den Zeitungen haben Sie viele Unruhen in Deutschland gehabt und noch jetzt sieht man das Ende nicht. Ich hatte Ihnen in meinen beiden letzten Briefen die Ursache mitgetheilt, was mich bewogen aus unserer Gesellschaft auszutreten und ich habe es bis jetzt noch nicht bereut. Dieselbe verkleinert sich von Tag zu Tag und jeder wird am Ende einsehen, dass er betrogen ist. Dann hatte ich Christianen auch vieles mitgetheilt was ihn allenfalls interessieren könnte im Falle er einmal Lust bekommen sollte Deutschland zu verlassen. Doch anrathen kann ich es ihm nicht. Man hat hier viele Entbehrungen und Ungemächlichkeiten zu ertragen, welche wir Deutsche nicht gewöhnt sind. Doch man gewöhnt sich mit der Zeit an Alles. Es kommen dieses Jahr viele Deutsche, mitunter vermögende Leute hier an, welche sich ankaufen und Farmen wollen. Der Zeitpunkt ist jetzt noch gut, denn wenn die Einwanderung fortdauert, wird das beste Land vergeben und steigt auch im Preise. Wenn Sie meine Briefe vom vorigen Jahr nicht erhalten haben sollten, dann bitte mir es in ihrem nächsten Schreiben mitzutheilen, damit ich ihnen den Inhalt in meinem nächsten schreiben mittheile. Für diesesmal muß ich enden, denn der Fuhrmann will abfahren.

So leben Sie denn Alle recht wohl und erfreuen Sie recht bald mit vielen angenehmen Nachrichten

Ihren Sohn und Bruder A. Koeppel.

Meine Adresse ist Mr. A. Koeppel, Neubraunfels County Caumal Texas.

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Redaktionelle Bearbeitung: Björn Effgen

 
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