Barbara Finger schreibt an ihre Tante und Onkel in Monsheim


Personen und Briefinhalt

Barbara Finger (* 01.09.1813 in Wachenheim, † [?] USA) schreibt im März 1845 aus Cleveland, Pennsylvania in die alte Heimat. Empfänger ist das mennonitische Ehepaar Daniel Finger (* 25./26.06.1800 in Wachenheim, † 12.05.1866 in Monsheim) und Anna Marie Möllinger, verw. Krebül (* 20.10./11.1783 in Monsheim, † 03.10.1871 ebd.). Daniel Finger war Müller in der Oberen Schlossmühle und Gutsbesitzer in Monsheim.

Neben den Familiengeschichten, über die sich Barbara Finger in ihrem Brief mit den Verwandten austauscht, liefert sie vor allem eine anschauliche Beschreibung über den Alltag einer typischen ‚Amerikanerin‘ beziehungsweise über die amerikanischen Ess- und Putzgewohnheiten. Was essen die ‚Amerikaner‘? Wie machen sie die Wäsche? Wie halten sie Ordnung? Die Deutsche gibt ihre Beobachtungen weiter an die Heimat.

 

Brieftext

„Cleveland den 24ten März 1845.

Herzlich Liebste Tante und Onkel.

Ihren lieben Brief durch Herr Meyer erhielten wir erst im Januar dieses Jahres, Geschäfte wegen konnte hr. Meyer die Reise von Deutschland erst spät antreten; er kam glücklich mit seinen Aeltern hier an. Es freut uns sehr, wie wir aus Ihrem lieben Schreiben sehen, dass Sie noch alle wohl waren, wünschen daß Sie es jetzt noch sind. Auch wir sind bis jetzt gesund und wohl, unser lieber Vater hatte den letzten Winter öfters Anfälle von starken Zahnschmerzen; übrigens aber recht gesund und zufrieden. Er ist jetzt in seinem 60ten Lebensjahre. Er ist sehr vergnügt und munter. Mit uns Geschwister ist es noch beim Alten, die Mari übertrieft uns alle in der Größe, unser Bruder ist bis nächsten Mai ein Jahr in einem Laden, wo Ellen Waar verkauft wird, er bekommt das Jahr 225 Thaler. Wir freuten uns sehr, daß die Tante Blum mit ihrer Familie wohl sind, Von Tante Heuchel werden Sie wohl nicht viel sagen können, wir hoffen daß Sie auch wohl sind. Es intresirt uns sehr den Namen zu wissen von Barbara Blum ihrem Mann. Durch einen Leisi ward uns die Nachricht, daß Vetter G. Blum von Haferde Gras nach Südamerika, und von da hinauf nach Iowa machte. Wir erwarteten Monate lang täglich seine Ankunft, wir hätten Ihnen nicht gerathen so weit ins Land hinein. Hier sind 15 Acker besser, als dort 100, wo noch alles so wild und unbewohnt ist. Wir haben einen Brief an V.B. geschrieben erhielten aber noch keine Antwort.

Im Januar 1844 wurde der Alte Vetter Risser von Osthof, nach einem langen Kränkeln, durch den Tod von dieser Welt abgerufen, sein Alter war 75 Jahre. Jacob Risser sein Sohn, welcher hier wohnt, ist schon ein ganzes Jahr mit einer Brustkrankheit gepflagt, man zweifelt an Genesung.

(Seite 2)

Jacob Berg hat sich auch wieder eingestellt. Er war 6 Jahre Tod, wurde als er hörte daß seine Frau und Kinder hier sind, wieder lebendig - man hat sich sehr verwundert daß er wieder bei seiner Frau ist. Heges von Dürkheim sind letztes Spätjahr auch hier angekommen, wohnen 5 Meilen von hier. Sie haben 110 Acker Land für 3000 Thaler. Jacob Risser, ein Sohn von Johannes Risser von Friedelsheim, Reißte auch vorigen Sommer nach Deutschland, Wir hörten er werde sich verheirathen mit einer Eymanns Tochter von Biedesheim, ihre Aeltern wären auch Willens sich mit nach Amerika zu begeben. Liebe Tante Sie sagten mir von Sussanna Kremer, den letzten Sommer hatte sie mir auch durch Gelegenheit sagen lassen daß es ihr gut gefiele in Amerika, und ich ihr doch schreiben solle, ich habe bis jetzt noch nicht geschrieben. L.T. Es gefällt mir und uns allen sehr gut, und täglich besser, man muß wohl manches entbehren lernen, dagegen hat mann wieder viele andere Vortheile, die man in Deutschland nicht hat. Die Amerikanischen Einrichtungen sind gegen den Deutschen sehr verschieden. Von Feldarbeiten wissen die Frauenzimmer hier nichts, thun blos die häuslichen Geschäften, man hat doch auch ziemlich die Woche hindurch zu thun, da jede Woche gewaschen wird; in Amerika weiß man nichts von großer Wasch, es mag Wetter sein wie es will, wird jeden Montag gewaschen, es geht sehr schnell, man hat Waschmaschienen, die Wasche wird sehr hübsch, und thut ihr keinen Schaden. Um das Kochen geben die Amerikaner nicht viel, sie machen alles kurz und schnell, sind mehr auf Putz und spazieren gehen, hier ist der Gebrauch nur 3 mal den Tag über zu essen, Morgens Mittags und Abens, zwischen der Zeit weis man nichts davon, wenn man Besuch bekommt, wird zwischen der Zeit auch nichts aufgewartet, es ist gar nicht der Gebrauch. Das wird oft gethan Einladungen gemacht, zum Mittag- oder Nachtessen, das Nachtessen ist nicht viel bei den Amerikaner. Thee und Kaffee, und dann meist Gebäcks, und das alles süß, auf eingemachtes Obst halten sie auch viel. Biefstück haben sie oft zum Mittagessen, Kartoffel jeden Tag, von andern Gemüsen wissen sie nicht viel; Kraut wird ein ganzes Häubt gekocht, und ganz auf den Tisch gestellt, und denn verschnitten, so essen Butter dazu. Suppe kochen sie selten, des Jahrs ein paar mal, da sind sie sehr darauf, auf frisches Brod, das ist auch die mehrste Arbeit das backen, in den Küchen hat man Öfen wo darauf gekocht wird, sind auch zugleich Backöfen darbei, in denen es sehr gut backt, da muß denn alle Tag höchstens 2 Täge Brod gebacken sein.

(Seite 3)

In den Zimmern ists auch sehr bequem eingerichtet, und wird alles sehr reinlich gehalten, die feinsten Teppiche haben die Amerikaner auf den Fuß Böden, die aussehen wie der schönste gestückte Stromin; zweimal im Jahr werden sie abgemacht, im Frühjahr, und Spätjahr, ausgeklopft, die Zimmer aufgewaschen, und denn wieder angenagelt. Die Deutschen, wenn sie etliche Jahre hier sind, machen meistens nach.

Sie werden auch wünschen, etwas von unserm Jahrgang zu wissen, die Früchte sind letzten Sommer sehr gut gerathen, haben immer noch den alten Preiß, wie voriges Jahr. Der letzte Winter war auch so gelind, daß schon lange Zeit keiner so gewesen wäre.

Letzten Sommer hatte sich auch ein trauriger Vorfall hier ereignet. Ein Deutscher Doktor, und ein guter Freund zu ihm, wollte[n] auf die Entenjagd gehen, um einen Umweg zu sparen, [fehlt] sie über einen Fluß; der kleine Kahn, schon nahe am Ufer, st[ieß] an eine Klippe, schlug um, und beide fanden ihr Grab in den Wellen.

Liebe Tante Sie waren sehr gütig, und sendeten uns so viele Sorten Saamen, unsern herzlichen Dank dafür.

Ich und die L. Meinigen grüßen Sie alle recht herzlich, ich grüße noch besonders Ihre Lieben Söhne.

Leben Sie wohl und schreiben Sie uns bald wieder.

Ihre Sie liebende Nichte Barbara Finger.

Wir grüßen auch Tante Blum, Heuchel und ihre Familie. Auch alle guten Freunde die nach uns fragen.

Auch einen Gruß an Elisabeth Finger in Friedelsheim. Ich grüße auch die Elisabeth H. und Barbara R.“

Nachweise

 

  • Verfasser: Markus Schmid
  • Quelle: Briefesammlung, Familienbesitz Finger-Perthes
  • Erstellt: 16.02.2012
 
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