Johannes Finger schreibt an seinen Bruder in Monsheim


Personen und Briefinhalt

Johannes Finger (* 06.07.1796 in Wachenheim, † nach 1847 in USA) war mennonitischer Auswanderer, der 1817 in Philadelphia ankam. Er war Müller, Bauer und Gutsbesitzer und ließ sich zuletzt in Easton, Pennsylvania nieder. 1821 heiratete er Chataria (Chatarina) Schumann (* um 1802 in Pennsylvania, † nach 1847 in USA), das Ehepaar hatte insgesamt 3 Söhne und 4 Töchter (alle zwischen 1821 und 1837 geboren). Johannes Finger schreibt an seinen Bruder Daniel Finger (* 25./26.06.1800 in Wachenheim, † 12.05.1866 in Monsheim), der mit Anna Marie Möllinger, verw. Krebül (* 20.10./11.1783 in Monsheim, † 03.10.1871 ebd.) verheiratet war. Daniel Finger, wie sein Bruder ein Mennonit, war Müller in der Oberen Schlossmühle und Gutsbesitzer in Monsheim.

Um seinem Bruder in Monsheim endlich zu berichten, wie es ihm im fernen Nordamerika ergangen ist, schildert Johannes Finger seinen beeindruckenden Lebenslauf. Angefangen als Mühlenarbeiter schaffte er Jahr um Jahr den Aufstieg bis hin zum respektablen Gutsbesitzer mit großem Vermögen und mit zahlreicher Familie. Vor allem die Schwierigkeiten mit der englischen Sprache für Neuankömmlinge und deren Bedeutung für ein gutes Leben vorort stehen im Mittelpunkt. So merkt man dem ehemaligen Wachenheimer auch die knapp 30 Jahre in Nordamerika bei der Sprache seines Briefs deutlich an.

Brieftext

„Lehman Township August the 3: 1846

Vielgeliebter Bruder ich wünsche daß du mein Schreiben bei so guter u[nd] Vollkommener Gesundheit erhalten mögen als dein Brief mich u[nd] die Meinigen angetroffen haben. Lieber Bruder ich habe deinen lieben und werthen Brief: den 1. August Erhalten: Ich habe mich den Thränen nicht enthalten können und öfters zurück Legen müßen bis ich ihn ganz habe durchlesen können Weil ich darin ersehe daß du lieber Bruder meiner noch gedenkest Aber Verzeihe mir Lieber Bruder daß ich dich so lange in Ungewißheit gelaßen habe von Meinem Aufenthalt und wie es mir gehet Letztes Jahr schreibt mir J. Finger: wie wird sich dein Bruder freuen wenn er hörte daß du noch under den Lebenden Bißt Ich habe ihm sogleich Geschrieben, er solte dich doch sogleich davon benachrichtigen daß wir noch alle gesund sind u[nd] Wohlerg[ehen] Weil ich nicht Recht gewußt habe wo ich ihn hinschreiben soll Jetzt Lieber Bruder weil ich deine Adreße habe will ich Je[tzt] zum Theil wieder Einhohlen was ich Vernachläßiget habe von zei[t] zu zeit. Wie mich Schwager Finger ausgemittdeld habe weiß ich Nicht es sei denn vor Etlichen Jahren war einer, Wenn ich Recht bin bei mir Namens Jacob Werrich er sagte mir er hätte unserm Vetter Rißer seine Elteste Tochter zur Frau sie wäre aber noch in Deutschland u[nd] durch diesen denke ich hatte er mich ausgefunden Jetzt Lieber Bruder will ich dir in der Kürze schreiben von Meinen Lebens Jahren in America: 1817 bin ich in Philadelphia gesund angekommen da habe ich mich sogleich auf die Wanderschaft begeben. war aber so glücklich und habe 2 Stunde von Philadelphia arbeit bekommen in einer Mühle wo mir aber ihre Arbeit

(Seite 2)

Ganz fremd Vorgekommen ist Weil hier die Mühlen ganz anders Eingerichtet sein als wie bei euch. Bin aber bald Kundig worden in ihrer art oder wegen. War aber nur ein Monat auf diesem guten Platze: weil nichts als Englisch gesprochen ist worden. Wäre aber die Rechte Stelle für mich gewesen Wenn ich geblieben wäre da hätte ich desto geschwinder daß Englisch gelernet: denn sie Wollten mich nicht fort gehen Laßen. Dann bin ich zwei Meilen weiter in eine Kaufmans Mühle gekommen da war En[glisch] u[nd] Deutsch da bin ich geblieben bis Nächstes frühjahr: dann bin ich nach Easton gegangen und habe meine Profeßion fort getrieben: den Winter darauf bin ich in die Englich Schule gegangen hier in der Stadt Easton weil mir die Englisch Sprache und Schreiben sehr Nothwendig war den hier kann man nicht gut fort kommen in den Mühlen wenn man die Sprache nicht versteht. Die Mühlen [sin]d auf das schönste hier Eingerichtet und haben die halbe Arbeit als wie bei euch: sie haben oder gehabt haben bei meiner zeit [dan]n: 1821 habe ich mich Verheirathet mit einem Jungen braven Mädchen Namens Chataria eine gebohren Schuman vom deutschen stamm. Etliche Jahre darauf habe ich mein Vermögen bekommen von Sprinkhorn 1650 ƒ: da habe ich mir 70 Morgen Land gekauft Leichtes Land brachte aber doch zimlich gute früchte daß habe ich selbst bebauet. 10 Jahr: darnach habe ich es wieder verkauft: und mir eine kleine Mühle mit 2 paar Steine gekauft für 4000 ƒ: da habe ich 9 Jahre gewoht und Letztes Jahr alsdann wider verkauft Und Jetzt bin ich ihm Besitz Einer schöner Brauerrei Welche liegt an dem Delavare fluß ein Waßer nicht gantz so groß als der Rhein: Meine Schwieger Eltern haben ein schönes gut

(Seite 3)

Gekauft über 400 Morgen wovon ich Jetzt ihm Besitzt bin von 198 Morgen: und Wohne nahe bei Ihnen. Ich habe aber Hier Vergessen zu sagen Lieber Bruder daß ich die ganze zeit meines hiersein immer gott sei Dank Recht gesund und Wohlgegangen ist: Ich bin nun so viel ich weiß 50 Jahre alt meine Frau 44 Jahre: Wir haben 7 Kinder 3 Söhne und 4 Töchter wovon die Elteste Christina schon 25 Jahre alte ist und Verehlicht mein Eltester Sohn Jacob ist 23 Jahr und versorgt meine geschäfte mein zweiter Sohn Wilhelm 21 Jahr ist noch auf einer Mühle nahe bei und Maria 18 Jahr Sara 16 die arbeiten zuweilen bei ihrer Freunde Chatharina 12 Jahre alt und mein jüngster Sohn Aron ist 9 Jahre: Lieber Bruder Jetzt habe ich dir ein Theil in der Kürze von Meinem hiersein dich berichtet wie es mir gegangen ist ich muß Einhalten der Raum werde bald zu Klein um noch mehr zu schreiben: daß Nächste mahl Lieber Bruder will dir schreiben von America denn es hat sich S[ehr] Viel Verändert bei meinem hiersein: seit ich in diesem [Land] bin habe ich noch kein Wachenheimer gesehen als vor J[ahren] hat sich Jacob Klaz bei uns Niedergelaßen. 17 Meile[n] von hier ihm zurück Wald (Backwoods) er kam oft zu mir er u[nd] seine Frau waren hier als ich diesen Brief schreibe. sie sind alle geßund u[nd] geht ihm jetzt zimlich gut Lieber Bruder wenn du diesen Brief bekomst laß es doch unsere Lieber Schwester Barbara wißen dass ich und meine Familie noch alle gesund sind und sie soll mir auch ein par zeilen von ihrer Eigenen Hand schreiben wie es ihr gehe: Schreibe mir so bald als dir Möglich ist ja gleich Lieber Bruder Schwager finger hat mir noch nicht eine Antwort geschickt auf meinen Brief.

Tausend Grüße von uns alle an dich und deine Familie u[nd] an deine Angehorigen

Die Adreße war Recht.

Dein Treuer Bruder Johannes Finger“

Nachweise

 

  • Verfasser: Markus Schmid
  • Quelle: Briefesammlung, Familienbesitz Finger-Perthes
  • Erstellt am: 17.02.2012
 
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