Die zweite und dritte Einwanderungswelle
Mit dem Jahr 1830 ist die erste Periode der deutschen Einwanderung in Brasilien zu Ende gegangen. In den dreißiger und zu Beginn der 1840er Jahre bevorzugten die bayerischen, hessen-darmstädtischen, oldenburgischen und preußischen Auswanderer aus dem deutschen Südwesten die USA als Ansiedlungsgebiet. Die 2. Periode begann erst 15 Jahre später. Aus der Pfalz und dem Hunsrück sind damals, in der langen Regierungszeit von Kaiser Pedro II., er regierte von 1831 bis 1889, vor allem in den Notjahren 1846/47, noch einmal Hunderte von Familien in den Süden Brasilien gezogen. Ein dritte Welle folgte zwischen 1855 und 1865.
Mit dem weiteren Siedlerzustrom ging die Entstehung neuer Anlage in den verschiedenen Distrikten der Kolonie Sao Leopoldo einher. Es entstanden aber auch viele sogenannte Tochtersiedlungen weiter im Westen von Santa Catarina und im Westen von Rio Grande do Sul. Die Kirchenbücher all dieser Siedlungen, von denen viele noch auf eine Auswertung warten, nennen uns die Herkunftsorte. Für die wichtigste Siedlung dort, Sao Leopoldo, hat der Michelbacher Pfarrer Wilhelm Wolf, ehemals Pastor in Sao Leopoldo, die Kirchenbücher ausgewertet. „Von den 3393 nachgewiesenen Einwanderern in Sao Leopoldo konnte die Herkunft von 3245 Personen ermittelt werden; sie stammen aus 1090 Orten.“[Anm. 1]. 1636 von ihnen kamen aus 352 Dörfern und Städten im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz, gefolgt von 234 Personen aus Schleswig-Holstein, 228 Personen aus Hessen und 130 Personen aus Hannover-Niedersachsen. „Sehr auffällig“, schrieb Wilhelm Wolf, „ist die außerordentlich hohe Beteiligung des Landes zwischen Mosel, Rhein und Vogesen. Der Hunsrück mit dem damals preußisch gewordenen Anteil und dem damals oldenburgischen Birkenfeld, ferner das damals darmstädtisch gewordene Rheinhessen und die bayerische Pfalz stellen 50,5% der deutschen Einwanderer in Sao Leopoldo dar. Einige Orte sandten gleich mehrere Auswandererfamilien nach Sao Leopoldo wie Altweidelbach, Argenthal, Baumholder, Bechenheim, Blödesheim, Brücken bei Birkenfeld, Dörrebach, Dusemont, Heimersheim bei Alzey, Hamm bei Worms, Herrstein, Hettenroth, Hottenbach, Kempfeld, Kottweiler-Schwanden, Lötzbeuren, Mörschied, Mülheim an der Mosel, Nohen, Oberdiebach, Partenheim, Raversbeuren, Reichenbach, Schauren, Schmidthachenbach, Seesbach, Sien, Simmern, Steinbockenheim, Thallichtenberg, Vollmersbach, Waldlauberheim oder Weiersbach; stark vertreten sind Birkenfeld, Idar, Oberstein, Wöllstein und Womrath.
Verfasser: Roland Paul
Redaktionelle Bearbeitung: Dominik Kasper
Anmerkungen:
- Wolf, S. 6 Zurück