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Die Auswanderung aus Idar-Oberstein

Über die Auswanderung aus Idar-Oberstein, der Stadt der Edelsteine an der Nahe, ist relativ wenig bekannt. Gleichwohl ist Idar-Oberstein ein Beispiel dafür, dass Auswanderung auch auf die Entwicklung der Herkunftsorte der Ausgewanderten langfristige Auswirkungen haben kann.

Das Gebiet von Idar-Oberstein unterstand im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit verschiedenen Herrschern: Den Herren von Stein, den Herren von Daun, dem Haus Leiningen-Heidesheim und dem Markgrafen von Baden. Nach der Besetzung durch die Franzosen in den Revolutionskriegen fielen Idar und Oberstein durch den Wiener Kongress als Teil des neugegründeten Fürstentums Birkenfeld an den Großherzog von Oldenburg. [Anm. 1] Erst 1933 wurden die Idar und Oberstein zu einer Stadt vereinigt. Von 1937 bis 1945 gehörte Idar-Oberstein noch kurze Zeit zur preußischen Rheinprovinz, bevor es ein Teil des neu gegründeten Rheinland-Pfalz wurde.[Anm. 2] 

Über den Umfang der Auswanderung aus Idar und Oberstein ist nur wenig bekannt. Im 17. bis 19. Jahrhundert wanderten einige Einwohner nach Nordamerika, nach Galizien in Polen und nach Ungarn aus. Seit der Unabhängigkeit Brasiliens zu Beginn des 19. Jahrhunderts suchten die Emigranten auch dort ihr Glück.

Eine Gruppe Idarer Auswanderer, die sich in Brasilien als Musikgruppe durchschlug, stieß im Süden des Landes auf südamerikanische Achate. Diese waren zwar weniger Farbintensiv als die Achate in der Heimat, fielen allerdings in weitaus größeren strukturell brauchbaren Stücken an. Zudem hatten sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts neue Färbetechniken etabliert, die eine Nutzung des brasilianischen Gesteins ermöglichten. Von Vorteil war außerdem, dass die brasilianischen Achate relativ leicht abbaubar waren und als Ballast relativ günstig auf Segelschiffen nach Europa gebracht werden konnten.[Anm. 3] 

Die erste Achatlieferung aus Brasilien kam 1834 an. Innerhalb einer Generation verdrängten die brasilianischen Achate diejenigen aus dem Naheraum. Als Reaktion auf die zunehmende Bedeutung des neuen Gesteins wanderten zahlreiche Idar-Obersteiner Schleifer und Handelsleute nach Brasilien aus. Sie siedelten sich größtenteils in Rio Grande do Sul an, wo sie hauptberuflich der Landwirtschaft nachgingen und nebenbei Achate ankauften und exportierten. Noch heute sind die Nachkommen dieser Auswanderer die wichtigsten Lieferanten der brasilianischen Achate.[Anm. 4] 

Mindestens seit 1602 lebten auch Juden in Idar und Oberstein. Diese stellten zwischenzeitlich zwischen 0,5 und 4 Prozent der Bevölkerung. Von 1848 bis 1888 emigrierten ca. 20 Juden. Etwa 80 Prozent von ihnen gingen nach Nordamerika, einige andere nach England oder Russland. Um 1890 setzte dann eine erste große Auswanderungswelle ein. Einen weiteren Höhepunkt erreichte die jüdische Auswanderung aus Idar-Oberstein unter der Herrschaft der Nationalsozialisten. Unter dem Eindruck des gegen sie ausgeübten staatlichen Terrors flohen viele, vor allem ab 1938, nach Palästina, Frankreich und vor allem in die USA.[Anm. 5]

Bearbeitung: Christoph Schmieder

 

Verwendete Literatur:

  • Brandt, H. Peter: Zur Geschichte des Achatbergbaus im Nahegebiet. In: Zur Geschichte des Bergbaus an der oberen Nahe. Hrsg. von ders.. Idar-Oberstein 1978. S. 25-48.
  • Meigen, Dorothee: Lokale Rivalitäten: Idar-Oberstein. Mainz 1995 (Mainzer kleine Schriften zur Volkskultur 8).
  • Dies.: Zur Geschichte der Juden in Idar-Oberstein. Birkenfeld 1986 (Schriftenreihe der Kreisvolkshochschule Birkenfeld 17).
  • Wild, Klaus Eberhard: Idar-Oberstein. Die Stadt der Edelsteine und des Schmucks. Idar-Oberstein 1991 (Museum Idar-Oberstein 8).

Erstellt: 28.08.2012

Anmerkungen:

  1. Vgl. Wild, S. 8. Zurück
  2. Vgl. Meigen 1995, S. 18. Zurück
  3. Vgl. Brandt, S. 44-46. Zurück
  4. Vgl. Wild, S. 48-50. Zurück
  5. Vgl. Meigen 1986, S. 12-17; S. 32f. Zurück
 
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