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Die Auswanderung aus Neuwied

Neuwied wuchs in seiner mehr als 300-jährigen Geschichte zwar stetig, jedoch verließen auch immer wieder Bewohner die Stadt. Aufgrund von Kriegen, Armut, Hunger und vermeintlich fehlender Perspektive suchten viele Neuwieder ihr Glück in der Fremde.

Im 18. Jahrhundert wurde Neuwied von zahlreichen Kriegen heimgesucht. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714), der Polnische Thronfolgekrieg (1733-1738), der Siebenjährigen Krieg (1756-1763) und die Revolutionskriege (1792-1815) trafen die junge Stadt. Meist wurden den Bewohnern lediglich finanzielle Lasten aufgebürdet, teilweise kam es jedoch auch zum Beschuss und anderen Verwüstungen durch durchziehende Heere. Zahlreiche Neuwieder verließen deshalb die Stadt und ihr Umland, um in Ost- und Südosteuropa eine neue Heimat zu finden. 1766 sollen gar 260 Personen – mehr als ein Drittel der Bevölkerung – das später von Neuwied eingemeindete Heddesdorf in Richtung Russland verlassen haben.[Anm. 1]

Im 19. Jahrhundert stieg die Bevölkerungszahl, nicht nur von Neuwied, stark an. In 90 Jahren verdreifachte sie sich beinahe, von 4000 im Jahr 1810 auf 11000 im Jahr 1900. Im selben Zeitraum veranlassten allerdings Krisen und Missernten viele Menschen zur Auswanderung. Besonders in den 1840er und 1880er Jahren verließen Neuwieder ihre Heimat. Im Unterschied zum 18. Jahrhundert zog es die Auswanderer  nicht mehr nach Osteuropa, sondern nach Brasilien und in die USA. Erst zum Ende des Jahrhunderts verebbten die Auswanderungsströme.[Anm. 2]

In der NS-Zeit (1933-1945) kam es erneut zu einer großen Auswanderungsbewegung. Die jüdischen Bürger Neuwieds flohen vor dem staatlichen Terror. Die jüdische Gemeinde, die 1924 noch 340 Mitglieder gezählt hatte, schrumpfte bis 1939 auf 100 Personen. Viele Neuwieder Juden waren entweder in größere Städte gegangen, oder ins inner- und außereuropäische Ausland geflohen. Die letzten verbliebenen Neuwieder Juden wurden jedoch 1942 von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet.

Nachweise

Verfasser: Christoph Schmieder

 

Verwendete Literatur:

  • Förster, Dirk; Freiheit, André; Noch, Oliver; Stolle, Julia: Die Auswanderung im 19. Jahrhundert und der wirtschaftsraum Koblenz/Neuwied. In: Mergelsberg, Corinna; Adolf-Friedrich Jacob (Hg.): Wirtschaftliche Entwicklung im Raum Koblenz/Neuwied. Arbeiten aus dem Wissenschaftlichen Proseminar 1994 der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU), Otto-Beisheim-Hochschule. Vallendar 1995, S. 57-87
  • Stadtverwaltung Neuwied (Hg.): 300 Jahre Neuwied. 1653-1953. Ein Stadt- und Heimatbuch zur 300. Wiederkehr der Stadtgründung. Neuwied 1953.

Erstellt: 18.07.2014

Anmerkungen:

  1. Vgl. 300 Jahre Neuwied, S. 108f., S. 157-166, S. 346f. Zurück
  2. Vgl. Förster/Freiheit/Noch/Stolle, S. 74. Die dortigen Zahlen beziehen sich allerdings nicht auf Neuwied, sondern auf den Wirtschaftsraum Koblenz/Neuwied. Zurück
 
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